Geschichte
Kirchweih und Plantanz in Franken
von K. H. Hennig, Kreisheimatpfleger in Berger Nachrichten 1985
Weit klarer als Haus und Hof, Dorf und Flur, Tracht und Arbeit lassen uns Sitten und Gebräuche das Fühlen, Denken und Empfinden, mit einem Worte, das Wesen eines Volkes, seine Seele erkennen. Das Brauchgeschehen innerhalb des Familienlebens, des Kirchenjahres und des weltlichen Jahreslaufes bildete einst die zentrale Kraft im Miteinander. Das Kirchweihfest war einst das Hauptfest des bäuerlichen Jahres. Kirchweih und Tanz dürften schon lange in Verbindung stehen, wobei der Tanzplatz in ältesten Zeiten unter der Ortslinde war, welche für das Volksleben von größter Bedeutung war. Ehe es Rathäuser gab, war sie der Mittelpunkt des Gemeindelebens. Unter den weit ausladenden Ästen hielten die Dorfältesten ihre Beratungen, saßen die Schöffen zu Gericht. Seit alters pflegte das junge Volk im Frühling und an der Kirchweih seine Feste mit Tatu, Sang und Klang unter der mächtigen Lindenkrone zu feiern. Dieser allgemeinen Sitte gedenkt bereits Neidhard von Reuenthal zu Beginn des 13. Jhd. „Diu linde ist wol bevangen mit loube, darunder tanzent frowen.“ Würzburger Urkunden des 14. Jhd. führen unter den Namen »Tanzflech« oder »Tanzstatt« freie Plätze in der Stadt auf, wo im kühlen Lindenschatten Alt und Jung sich an Festtagen mit Tanz und Spiel belustigte. Seit dem 16. Jhd. sind endlich die ersten schriftlichen Quellen vorhanden, die auch beweisen, dass die Kirchweih sich immer mehr zu einem speziell fränkischen Fest entwickelte.
Von der Tempelweihe zur Kirchweih 1985
Die Kirchweihe ist die religiöse Handlung(consecratio) durch die eine neu erbaute oder ihrer Bestimmung längerer Zeit entzogene Kirche dem Gottesdienst feierlich gewidmet wird. Diese Feierlichkeit hat ihren Ursprung in der jüdischen Tempelweihe, die in den Monat Kislev (November) fiel, acht Tage dauerte und auch „Das Fest der Lichter“ hieß, weil die Juden während dieser Zeit ihre Wohnungen erleuchteten. In der christlichen Zeit wurde die Kirchenweihe erst seit Konstantin dem Großen (306 - 337) gebräuchlich. Ihre Feierlichkeiten waren nach dem Zeugnis des Eusebius sehr einfach und bestanden in der Hauptsache aus dem feierlichen Gottesdienst. Später gab Papst Gregor der Große (590 – 604) ein ausführliches Zeremoniell für die Kirchenweihe heraus. Sie gehörte in den Aufgabenbereich des Bischofs. Es ist bis heute üblich, dass der Bischof einen feierlichen Umzug um die Kirche hält, unter besonderen Zeremonien in das Gotteshaus einzieht und die feierliche Segnung des Innenraumes und der Altäre vornimmt. Dabei legt er auch die Reliquien in die Altarplatte ein. Seit dem 9. Jhd. – unsere Ursprungssiedlung Rheinfeld hatte damals längst existiert (urkundlich 741 erstmals genannt) wurde der Tag Kirchenweihe feierlich begangen. Dieser Brauch hat sich in einem großen Teil der christlichen Welt bis heute erhalten. Man pflegt dieses Fest das Kirchweihfest, auch Kirchmesse oder Kirmes zu nennen, weil es in der römischen Kirche üblich ist, zum Andenken an die Stifter der Kirche eine Messe zu feiern. Es ist in alten Schriften zu lesen, dass man „nur den ersten Tag auf gottesdienstliche Weise begeht, an den anderen Tagen überlässt man sich dem Tanze und allerlei Lustbarkeiten“ Am 8. Juni 1693 „in festo sancti Medardi“ (am Feste des heiligen Medardus) wurde die Maria-Schmerz-Kirche von Weihbischof Stephan Weinberger feierlich geweiht („consecrirt in honorem B. M Virg. Dolorosae“ - geweiht zur Ehre der heiligen Jungfrau Maria, der Schmerzhaften). Sicher hängt es mit dem Weihetag zusammen, dass in einem Gemeindekataster die Bezeichnung »St. Medarduskirche« zu lesen ist. Es ist auch überliefert, dass die Kirchweih ursprünglich am Feste des hl. Medardus gefeiert wurde, wenn es auf einen Sonntag fiel, ansonsten am darauffolgenden Sonntag. Von 1726 an wurde das Kirchweihfest auf den Sonntag nach Michaeli (29. September) verlegt. Im Jahre 1927 erging ein Schreiben des Bezirksamtes Schweinfurt an die Gemeinde mit dem Ersuchen, das Kirchweihfest zu verlegen - vermutlich wegen des in zeitlicher Nähe liegenden Allerseelentages. Der Gemeinderat lehnte dies jedoch am 22. Januar 1927 einstimmig ab. So bleibt es beim herkömmlichen Termin. Erst 10 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg – am 22. April 1955 - wurde mit 6 gegen 4 Stimmen beschlossen, die Berger Kirchweih auf den letzten Sonntag im August zu verlegen. Dieser Termin fällt nun mit dem Patronatsfest der neuen Bartholomäus-Kirche zusammen, die am 15. März 1970 durch Weihbischof Alfons Kempf geweiht wurde. Der alte Brauch, dass „Plüaburschen“ mit „Plüabaama“ durch das Dorf ziehen, um sie auf dem Festplatz aufzustellen, wurde durch die Initiative des 1. Bürgermeisters Wendelin Fenn neu belebt, erfreut sich bei Jung und Alt großer Beliebtheit und bildet mit der Vorführung fränkischer Rundtänze die Attraktion der Berger Kirchweih. Es ist erfreulich, dass sich auch für die Kirchweih 1985 wieder junge Leute als Planpaare (»Plüa« kommt von Plan) zur Verfügung gestellt haben, um die Kirchweihgäste aus nah und fern zu erfreuen.
300. Kirchweih – denkwürdiges Ereignis mit alter Tradition
Bergrheinfeld (ks) - Die Maria-Schmerz-Kirche feiert in diesem Jahr ihr 300-jähriges Jubiläum. Damit jährt sich auch zum 300. Mal die Weihe dieses ehrwürdigen Gotteshauses. Am 8. Juni 1603, am Fest des hl. Medardus, wurde die neue Pfarrkirche durch Weihbischof Stephan Weinberger feierlich geweiht. (Es hängt wohl mit dem Weihetag zusammen, dass in einem Gemeindekataster die Bezeichnung „St.-Medardus-Kirche“ zu lesen ist.) Im Gedenken an den Weihetag wurde die Kirchweih zunächst am Fest des hl. Medardus gefeiert, wenn es auf einen Sonntag fiel, ansonsten am darauffolgenden Wochenende. Von 1226 ab wurde das Kirchweihfest auf Michaeli (29. September) verlegt. Hauptlehrer Adam Christian Schatzel, der hier von 1898 bis 1919 Stelleninhaber war und sich um das Vereinsleben Bergrheinfelds große Verdienste erworben hat, schilderte in einem Bericht vom 5. März 1905 an den Verein für Volkskunst und Volkskunde in München den Ablauf der Kirchweih um die Jahrhundertwende. Hier heißt es: „Kirchweih wird nach Martini (11. November gefeiert mit Tanzmusik am Sonntag und Montag. Am Vorabend kommen die Plüa-Burschen mit Waldbäumen an, die sie unter Jauchzen und Musik vor dem Wirtshaus aufstellen, in dem der Tanz stattfindet. Die Bäume bleiben bis zur nächsten Kirchweih stehen.
Am Sonntag nach dem Nachmittagsgottesdienst beginnt dann der Tanz. Am Montag ziehen mittags die Burschen mit weißer Schürze und gefüllten Krügen in Begleitung der Musikkapelle durch das Dorf. Kirchweihdienstag wird ebenfalls noch gefeiert, es ruht die Arbeit. Für die Kirchweih wird eine Unmenge Kuchen gebacken und in jedem Bauernhaus geschlachtet.“ So wurde bis Ende der 5Oer Jahre Kirchweih gefeiert. Infolge des zunehmenden Durchgangsverkehrs schliefen in der Zeit von 1960 bis 1981 die alten Bräuche ein. Man feierte nun die Kirchweih in der letzten Augustwoche um St. Bartholomäus (24. August). Auf die Initiative von Bürgermeister Wendelin Fenn wurden die alten Kirchweihbräuche 1982 zu neuem Leben erweckt. Dabei wurde er von Hildegard Reichert und Otto Bauer und anderen mehr tatkräftig unterstützt. Sie brachten die bis dahin fast vergessene Bezeichnung „Plüa“ wieder ins Gespräch: In einem Lexikon fand man die Erklärung, dass dieser mundartliche Begriff von Bergrheinfeld bis hinauf in die Rhön gebräuchlich und als „Plan“ zu verstehen war. Ausdrücklich wurde dort darauf hingewiesen, dass die „Plüapaare“ nur „ehrsame, unbescholtene und ledige“ Burschen und Mädchen sein durften. Heute kann man sich die Berger Kirchweih ohne die Mitwirkung der schmucken Plüapaare nicht mehr vorstellen.
Trotz des endlosen Durchgangsverkehrs wird die B 26 in diesen „neuen, alten“ Kirchweihbrauch einbezogen. Ausgangspunkt ist der geschmackvoll gestaltete Zehnthof zwischen Rat- und Zehnthaus, Ziel das große Festzelt im Freizeit- und Erholungsgebiet, Holderhecke Schon am Freitag spielt dort eine Kapelle auf. Am Samstag fahren die „Plüaburschen“ die, beiden Planbäume zum Festplatz und stellen sie am Eingang auf. Zum Abschluss tanzen dort die Plüapaare. Die Kirchweih dauert bis einschließlich Montag. Sie wird von den Vereinen der Gemeinde ausgerichtet. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Die Tanzbeine der Plüapaare wurden von Elisabeth und Josef Eusemann in Schwung gebracht. Für die Bewirtung der Gäste ist bestens gesorgt. Hervorragende Musikkapellen konnten gewonnen werden. So wird die 300. Kirchweih ein denkwürdiges Ereignis mit alter Tradition, bodenständigem Brauchtum und moderner Gastlichkeit.
25 Jahre Bercher Plüapaare – Kirchweih 2006
Es ist mittlerweile zu einer schönen Tradition geworden, dass an der Bergrheinfelder Kirchweih die Plüa-Baama von den Plüaburschen aufgestellt werden. Diese Tradition jährt sich nunmehr zum 25. Mal. Dadurch und durch die Plüapaare selbst, unterscheidet sich die Bercher Kerm von allen anderen Dorffesten in Bergrheinfeld und ist im ganzen Landkreis gleichermaßen bekannt und geschätzt.
Liebe Kirchweihbesucher, sie sehen, 2006 stellen die Bercher Plüapaare zum 25.Mal an der Kirchweih zwei Fichten auf und tanzen mit jeder Musikgruppe die traditionellen Kirchweihtänze. Wie schon vor fast 100 Jahren die Kerm gefeiert wurde, so wird seit 1982 unsere Kirchweih wieder begangen. Dass dies so möglich ist haben wir in erster Linie dem Otto Bauer „Beckerbauer“, dem damaligen Bürgermeister Wendelin Fenn und Hildegard Reichert zu verdanken. Diese Drei hatten damals acht junge Paare überzeugt, mitzumachen und der Kirchweih wieder den besonderen Stellenwert unter den Festen zu ver leihen. In diesen 25 Jahren waren 139 junge Mädchen und Burschen bereit, sich mit der Kirchweih zu beschäftigen, in vielen Stunden das Tanzen zu erlernen, zu üben, den Schmuck für Kränze und Bäume herzustellen, die Bäume aus dem Wald zu holen usw. Es freut uns besonders, dass sehr viele ehemalige unserer Einladung zum Jubiläum gefolgt sind und am Samstag den Aufzug der Plüa-Baama begleiteten. Mit der Unterstützung der Eltern, verschiedenen Helfern, sowie der Gemeinde, an der Spitze die Bürgermeister Wendelin Fenn und Peter Neubert ist nun schon 25 Jahre gelungen, die Bercher Kerm zu einem weithin bekannten Fest zu machen. Nicht zu vergessen sind auch die Vereine, die die Kirchweihbewirtung alle Jahre organisieren und uns mit Speis und Trank versorgen. Auch unserem Berger Musikverein danken wir für die tolle Zusammenarbeit. Die Zuwendungen der Gemeinde sowie verschiedener Geschäftsleute ermöglichen uns, unser Jubiläum mit besonderen Aktionen zu bereichern: Am Kirchweihsamstag fahren wir unsere Ehrengäste mit der Pferdekutsche zum Festplatz, am Sonntagnachmittag begrüßen wir befreundete Planpaare aus unseren Nachbarorten und präsentieren eine Fotoausstellung der vergangenen 25 Jahre. Wir danken unseren Gönnern und Sponsoren ganz herzlich für ihre Unterstützung.
Der Kirchweih 2006 wünschen wir einen guten Verlauf, passendes Wetter und fröhliche Gäste. Wir hoffen, dass sich weiterhin viele junge Leute für die Tradition begeistern wie in den vergangenen 25 Jahren.
Die Plüa-Paare berichten
Nachdem unsere Jubiläumskerm gut gelaufen is! haben wir die Kirchweihen in Gochsheim und Schwebheim sowie das Oktoberfest in Weisbach besucht. Nun wollen wir die Gelegenheit nutzen von unseren Aktivitäten rund um die Kirchweih zu erzählen. Im Frühjahr treffen wir uns auf Einladung der Gemeinde zum Pflanzen junger Plüa-Baama an der Holderhecke und zur Aussprache mit den diesjährigen Verantwortlichen der Kerm. Meist wissen wir auch da schon, wer heuer „mittanzt“. Die wöchentlichen Tanzproben finden ab Juni im Feuerwehrhaus statt, oder beim Besuch der Kirchweihen in Röthlein und Schonungen. Am Donnerstag vor der Kerm wird es ernst. Bei Hildegard Reichert treffen sich die Mädels, um die Bänder für die Bäume zu binden und den beiden Frauen beim Binden der Kränze zu helfen. Früher waren das Waltrud Edelmann und Helga Faulhaber, inzwischen machen das Elisabeth Göb und Lydia Eusemann. Mit Kaffee und Plootz von der Hildegard wird die Arbeit belohnt. Am Samsteg fräü treffen sich die Burschen bei Christian Göb zur Fahrt in den Schwamer Wald zum Baumholen. 23 Jahre war Otto Bauer der Chef der Baumholer. Alfons Weht aus Rafeld, Christian Göb und Martin Eusemann besorgen inzwischen die Plüa-Baama, dafür an dieser Stelle herzlichen Dank. Die Brotzeit wird zum Teil von Uwe und Petra Müller und Michael Galm spendiert, Danke dafür! An allen drei Kirchweihtagen treffen sich die Mädels zum Frühstück und zum Haare-Flechten. Wir danken heuer den Familien Göbel, Edelmann und Neubert für die Gastfreundschaft und das tolle Frühstücks Buffett. Ein herzliches Dankeschön gilt „unserer“ Friseurin Rita Hümmer für das unentgeltliche Frisieren der Mädels an allen drei Tagen sowie Frau Ulla Henkel für die Fußmassagen am Montag. Für den Transport der Bäume zum Festplatz spannt Erwin Edelmann seine Pferde an und Daniela Edelmann führt auf ihrem Pferd den Festzug an, auch ihnen ein Dankeschön. Beim traditionellen Umzug am Montagmittag wird an 4 Stationen getanzt und Wein ausgeschenkt. Unser Bürgermeister findet immer Gönner, die an einer Station den Wein spendieren. Vielen Dank auch dafür. Zum Abschluss der Kerm treffen sich die Plüa-Paare bei Josef und Elisabeth Eusemann zur Brotzeit und Kaffee und Kuchen. Einen Riesenspaß macht das neueste Video von der eben beendeten Kerm, das Jürgen Öffner im Laufe des Festes aufgenommen und schon bearbeitet hat, dafür ein herzliches Dankeschön. Nicht vergessen wollen wir, unseren Freunden und Sponsoren zu danken, die es ermöglichen, gelegentlich einen gemeinsamen Ausflug oder auch ein Wochenende in der Rhön zu unternehmen. Die Gemeinschaft pflegen wir ebenso im Laufe des Jahres bei verschiedenen Fränkischen Tanzabenden und beim Bau des Faschingswagens. Stellvertretend für alle besonders aktiven Plüa-Burschen danken wir unserem Vortänzer Alex Bumann als Computer-Fachmann und Michael Eusemann als Tüftler und Handwerker und seinen Eltern für die Bereitstellung von Scheune, Werkstatt und Maschinen für unsere handwerklichen Aktionen.